Raketen, Wunderkerzen und große Vorsätze

Die Luft war erfüllt vom Knallen und Pfeifen der ersten Raketen, die sich bereits am frühen Abend ihren Weg in den Himmel bahnten. Ich zog meinen Schal enger um meinen Hals und sah Yannik neben mir, der eine große Tüte mit Wunderkerzen trug. Vor uns liefen Flo und Marlene, tief in ein Gespräch vertieft, während Daniel und Sonja sich ständig gegenseitig neckten.

„Hätte ich gewusst, wie kalt es wieder wird, hätte ich für einen gemütlichen Silvesterabend allein in meinem Zimmer plädiert“, murmelte Sonja und zog ihre Mütze tiefer ins Gesicht.

„Ach komm“, entgegnete Daniel. „Ohne uns wäre dein Leben doch langweilig.“

Sonja funkelte ihn an, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen.

„Wo wollten wir jetzt eigentlich genau hin?“ fragte Marlene, blieb stehen und sah zu Flo.

„Auf die Lichtung am See“, erklärte er. „Da ist es nicht so überlaufen und wir können unser eigenes Feuerwerk machen.“

“Genau”, stimmte ich meinem Bruder zu und genoss den Anblick der glitzernden Schneelandschaft um uns herum. Es war der perfekte Abschluss für ein turbulentes Jahr, in dem so viel passiert war – Gutes wie Schlechtes.

Am See angekommen, packte Yannik eine Thermoskanne mit heißem Tee aus, während Flo und Daniel anfingen, das Feuerwerk vorzubereiten. Marlene und Sonja legten eine Picknickdecke auf den schneebedeckten Boden und holten Kekse sowie Tassen heraus. 

„Ich wette, Flo lässt sich wieder irgendeinen peinlichen Neujahrswitz einfallen“, meinte Marlene und sah zu meinem Bruder, der gerade eine Rakete in den Schnee steckte.

„Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche“, antwortete ich und konnte nicht verhindern, dass ein Lachen über meine Lippen kam.

„Das habe ich gehört!“, rief Flo und wandte sich mit gespielter Empörung zu uns um. „Peinliche Witze sind ein wichtiger Bestandteil von Silvester!“

„Na dann leg los“, forderte Daniel ihn grinsend auf.

Flo hob die Hände und setzte eine übertrieben nachdenkliche Miene auf.

„Okay, passt auf: Warum verschießt man an Silvester Raketen?“

„Wir wissen es nicht“, sagte Sonja trocken.

„Damit das neue Jahr einen raketenmäßigen Start hat!“

Das kollektive Stöhnen war lauter als das Knallen der Raketen um uns herum.

„Ich weiß gar nicht, was ihr habt“, meinte Flo und lachte.

Marlene schüttelte nur den Kopf, aber ich konnte sehen, dass sie sich ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte.

Als die Uhr schließlich 23:59 zeigte, zündeten wir unsere ersten Raketen an. Die bunten Lichter explodierten über uns und tauchten den See in ein atemberaubendes Farbenspiel. Ich hielt eine Wunderkerze in der Hand, während Yannik seinen Arm um mich legte.

„Bereit für ein neues Jahr?“ fragte er leise.

Ich nickte und spürte, wie meine Augen ein wenig feucht wurden.

„Ja. Bereit für alles, was kommt.“

Neben uns stimmte Flo plötzlich laut einen Countdown an. „Zehn, neun, acht …“

Alle riefen mit und bei „eins“ explodierten die letzten Raketen gleichzeitig, begleitet von einem Lichtermeer am Himmel. Lachend und jubelnd fielen wir uns in die Arme.

„Frohes neues Jahr!“ rief Sonja und sprang Daniel an, der sie lachend auffing.

„Frohes neues Jahr, ihr Chaoten“, sagte Marlene, während sie Flo einen Kuss auf die Wange drückte.

Ich drehte mich zu meinem Freund um und war plötzlich ernst.

„Frohes neues Jahr!”, sagte ich und umarmte ihn. “Danke, dass du immer für mich da bist.“

„Das gilt auch für dich, Spatz”, erwiderte er und strich eine Haarsträhne wieder zurück unter meine Mütze. “Du bist auch mein Zufluchtsort, wenn ich nicht mehr weiter weiß.“

Ich lächelte, spürte aber, wie mir ein Kloß im Hals stecken blieb. Weshalb ich mich erneut in seine warmen Arme schmiegte.

„So, und jetzt will ich eure Vorsätze hören!“ rief Flo plötzlich und durchbrach damit den stillen emotionalen Moment.

„Wie immer: Mehr Sport, weniger Süßigkeiten“, antwortete Sonja mit einem Augenrollen.

„Und ich will endlich mal pünktlicher werden“, sagte ich grinsend, woraufhin alle gleichzeitig loslachten.

„Gutes Ziel, aber sehr hochgesteckt“, meinte Yannik und zog mich an sich. “Auch wenn du es vielleicht nicht schaffen solltest, deine persönliche Erinnerungsapp, steht dir weiterhin täglich zur Verfügung.”

„Na, zum Glück gibt es dich und Handys”, erwiderte ich, was erneut zu Gelächter führte. 

Obwohl ich keine Ahnung hatte, ob ich mein Ziel wirklich irgendwann einmal erreichen würde, war ich mir sicher: Solange ich diese Menschen an meiner Seite hatte, konnte nichts schiefgehen.


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